3. Grand Trail du Nord (GTN) 2010

Grand Trail du Nord (GTN), 147 km vom Strand bei Leffrinckoucke bis zum Château in Wambrechies, 1.300 Hm, 3 UTMB-Qualipunkte. Das waren die Fakten die ich am 27. Juli 2010 über Ukulelen-Micha in Facebook erfuhr. Ich hatte noch nie zuvor von dem Lauf gehört und mangels französisch Kenntnisse bezog ich meine Informationen nur über die Google-Übersetzungsfunktion. Kein Problem versicherte uns Micha, "Ich bin ja dabei und kann perfekt französich!".
Am 1. August fiel dann die Entscheidung, Biggi und ich sind dabei. Mit Michas franz. Kenntnissen wird das bestimmt ein Spaß dachten wir.
2 Tage vor Lauf erreichte uns aber die Botschaft von Micha, "Ich bin krank und kann nicht mit", na prima.

Wir reisen freitags nach Wambrechies und übernachten im Auto auf einem Campingplatz. Bereits in der Nacht regnet es in Strömen und wir versinken im Schlamm.
Pünktlich um 12 Uhr starten die Shuttlebusse vom Ziel in Wambrechies zum Start nach Leffrinckoucke. Die Fahrt dauert gut 1,5 Std. Der Startschuss erfolgt um 15 Uhr am Strand von Dünkrichen. Vorher gibt es in einer Halle noch Tee und Kaffee. Hier erfahren wir auch plötzlich, dass es die Möglichkeit gibt an 3 CP (Control Points) trockene Kleidung zu deponieren. Wir haben alles im Rucksack :-(

In der Halle herrscht eine angespannte Stimmung, draußen regnet es wieder in Strömen und jeder ist mit sich und seiner Ausrüstung beschäftigt.
Mit 15minütiger Verspätung geht es dann im Regen los. Die ersten 15 km geht es am Meer entlang durch die Sandünen. Eigentlich dachten wir, dies sei der anstrengendste Teil der Strecke, doch Pustekuchen.

Nach knapp 2 Stunden erreichen wir CP1. Hier werden wir registriert, erhalten Verpflegung und können unsere Trinkblase auffüllen. Es gibt Chips, Salami, Schmelzkäseecken, Obst, Schokolade, etc.

Weiter geht es zunächst auf Asphalt und Wirtschaftswegen. Doch dann werden die Wege schlechter und schlammiger. Es geht über frisch abgeerntete Felder. Diese sind aufgewühlt und wir versinken knocheltief im Schlamm. Wir müssen aufpassen, dass unsere Schuhe nicht im Schlamm stecken bleiben.

Es dämmert langsam und bei Überquerung einer Straße werden wir aufgefordert unsere Singnalwesten an zuziehen.
So spulen wir unsere Km ab. Unsere Schuhe sind zwischenzeitlich klatschnaß. Bei CP 2 und 3 treffen wir auf viele schlammverschmierte Mitläufer, die apathisch auf Bänken sitzen und sich verpflegen. Auch die Sanitäter bekommen ihre ersten Einsätze, da manche sich bereits ihre Füße wund gelaufen haben.

Es geht weiter durch die Nacht und über Schlammfelder. In einer 5er Gruppe laufen wir in einen Wald, der Weg ist abschüssig und durch den Schlamm glatt wie Schmierseife, 2 von uns stürzen, wir krallen uns an die herabhängenden Äste um heil unten an zu kommen. Auf der anderen Seite ziehen wir uns dann gegenseitig nach oben.
Nach ca. 62km kommen wir mitten in der Nacht plötzlich einen Bach. Hier sitzen 2 Streckenposten mit Taschenlampe und lachen. Wir sind immer noch in der 5er Gruppe und uns vergeht sehr schnell das Lachen, denn wir sollen durch den Bach. Viele haben erst bei CP3 ihre Kleidung gewechselt und wollen nicht glauben dass sie gleich wieder klatschnaß sein werden. An einem Seil sollen wir in den Bach absteigen, den Bach queren und am anderen Ufer den steilen Hang hochklettern. Mein Vordermann rutscht beim Abstieg in den Bach aus und klatscht voll ins Wasser. Mir gelingt der Abstieg recht gut. Das Wasser geht mir bis zu den Oberschenkeln, bei Biggi dann bis zum Bauchnabel.

Völlig durchnässt geht es weiter durch die Nacht. Durch die Nässe sind unsere Füße aufgeweicht, sie werden nun auch wund und fangen an zu schmerzen.
Bei CP5 befindet sich wieder eine Verpflegung. Viele haben hier trockene Kleidung deponiert und verarzten ihre Füsse, viele beenden hier auch ihren Lauf. Wir wollen unsere Schuhe nicht ausziehen, verpflegen uns und machen uns gleich wieder auf in die Nacht. Noch in der Dunkelheit erreichen wir CP6 endlich gibt es Cola. Wieder nur kurze Verpflegung und weiter. Unsere Füße schmerzen immer stärker und nach Pausen fällt das weiterlaufen immer schwerer.

Gegen 7 Uhr wird es endlich langsam hell, doch es geht gleich wieder in einen dunklen und rutschigen Wald. Immer weiter!
Auf dem Weg nach Bailleul und können sogar ein paar Läufer überholen. Wir alle sehen aus und bewegen uns zwischenzeitlich wie schlammverschmierte Zombies.
In Bailleul erreichen wir endlich CP7 und haben 105km hinter uns, also nur noch einen Marathon vor uns. Weitere Läufer steigen hier aus, lassen sich von den Sanitätern ihre Füße verbinden. Biggi und ich trinken ein Bier und weiter geht es.
Während man die ersten 105km wegen der Streckenbeschaffenheit nicht richtig laufen konnte, kann man dies jetzt zwar, aber unsere Füße schmerzen so stark, sodass wir nur noch langsam voran kommen.

Bei Km 110 entscheiden wir uns dann unsere Füße zu versorgen und eine evtl. Aufgabe von deren Zustand abhängig zu machen. Wir haben genau 1 Paar trockene Socken dabei. Widerwillig ziehen wir unsere Schuhe aus, unsere Füße sehen zwar schlimm aber besser als erwatet aus. Also abkleben, trockene Socken an, Füße irgendwie wieder in Schuhe bekommen und weiter. Ein Abbrechen scheidet ab jetzt aus.

Wir passieren CP 8 und 9, wir überholen niemanden mehr und werden auch nicht mehr überholt.

Nach 28 Stunden erreichen wir endlich das Ziel in Wambrechies. Unsere Odyssee aus Schweiß, Schlamm, Blut und Tränen nimmt ein Ende.
Von den 140 Startern erreichen lediglich 83 das Ziel. Wir belegen Platz 63 und 64. Biggi wird dabei sogar 3. Frau gesamt (2. in Ihrer AK).
Im Ziel gibt es keine Duschen mehr aber eine sehr gute Zielverpflegung. Wir humpeln zum Auto und was wir sehen, können wir kaum glauben. Die Scheibe ist eingeschlagen und der Rucksack mit unserem Notebook ist gestohlen.

Mit Hilfe des Veranstalters und freundlicher Läufer kommen wir in einem Hotel unter und können den Rest mit der Polizei am nächsten Tag klären.
Hierbei danke ich noch ganz ausdrücklich der Police Municipal in Wambrechies für ihre Hilfe. Ohne sie würde ich wahrscheinlich heute noch bei der Gendamarie in Marcq-en-Baroeul sitzen.

Meine Bilder gibt es [hier]



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